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Austin Rose "Eglantyne"

Der britische Rosenzüchter David Austin schuf sie 1994 aus der Rosensorte Mary Rose und einem Sämling. Diese 1,5 Meter hohe und 1,25 Meter breite Strauchrose hat einen buschig aufrechten und gleichmäßig verzweigten Wuchs. Ihr nostalgisches Aussehen verdankt sie den stark gefüllten Blüten mit den schalenförmigen Blütenblättern. Zur Mitte hin verdichten sich die Blütenblätter oftmals zu einer Knopfform. Die Farbe der Blüte ist innen zartrosa, wird zum Rand hin heller und ist auf der Rückseite mittelrosa. Mit der Zeit werden die Blüten fast weiß. Sie erreichen eine Größe von 8 cm.

Benannt wurde diese Rose nach der britischen Kinderrechtsaktivistin Eglantyne Jebb (1876-1928). 1994 kam die Englische Rose "Eglantyne" auf den Markt und ist heute eine der beliebtesten Sorten.

Es gab schon vor 1994 eine Wildrose, benannt von Carl von Linne´ mit dem Namen Rosa eglanteria (heute Rosa Rubignosa). Sie wird im Volksmund "Apfelrose" genannt, nach dem zarten Duft, den die Blätter im Regen verströmen.

Geschichte der Persönlichkeit hinter der Englische Rose "Eglantyne ® "
 


"Jeder Krieg ist ein Krieg gegen Kinder"

Eglantyne Jebb gründete vor 100 Jahren die Hilfsorganisation "Save the Children". Die Britin wurde als Verräterin geschmäht, weil sie Geld für hungernde Kinder in Deutschland sammelte - kurz nach dem Ersten Weltkrieg.
Von Katja Iken
Artikel aus dem "Spiegel" vom 06.01.2020

Ein riesiger Kopf auf einem völlig ausgemergelten, nackten Körper: Das fragend dreinblickende Mädchen auf dem schockierenden Foto ist zweieinhalb Jahre alt - und die kleine Österreicherin wiegt nur fünfeinhalb Kilo. "Unsere Blockade", steht dazu auf dem Flugblatt, "ist für den Hungertod von Millionen Kindern verantwortlich."

Mit einer Freundin steht Eglantyne Jebb, 42, elegante Statur, im April 1919 auf dem Trafalgar Square in London und verteilt die Handzettel an Passanten. Bis die Polizei die beiden abführt. Vor Gericht werden die Frauen wegen verbotener Politpropaganda verurteilt.


Jebb verliert das Verfahren. Und verlässt den Saal dennoch als moralische Siegerin: Tief beeindruckt von ihrem humanitären Einsatz lässt Richter Sir Archibald Bodkin ihr fünf Pfund zukommen - exakt die Höhe der Strafe, die er Jebb aufgebrummt hat. Sie benutzt das Geld des Richters als Startkapital für eine Organisation, die das Leben von Millionen Kindern verbessern wird: den "Save the Children“.

1919 in Großbritannien ins Leben gerufen und am 6. Januar 1920 in Genf als internationaler Verband gegründet, gehört "Save the Children"  heute zu den weltweit größten konfessionell und politisch unabhängigen Kinderhilfsorganisationen, hat Zweigvereine in 30 Nationen und operiert in 120 Ländern. Dabei hatte die Initiatorin zu Kindern eigentlich gar keinen Draht: "I don't care for children", schrieb Eglantyne Jebb im Jahr 1900 in ihr Tagebuch. Da war sie 24, frischgebackene Lehrerin - und verzweifelte gerade an der Realität.

Geboren wurde Jebb 1876 als viertes Kind eines gut situierten Landlords in der Grafschaft Shropshire und kam mit Armut nur bei gelegentlichen Ausritten in Berührung. Doch schon als Achtjährige fühlte sich das Mädchen - benannt nach einer zartrosafarbenen, süß duftenden Strauchrose - unwohl angesichts der sozialen Ungerechtigkeit: "Die Welt ist falsch", vertraute Eglantyne ihrer Schwester damals an.


Gegen den Willen ihres Vaters studierte die poetisch veranlagte Frau mit den roten Haaren Geschichte. Ab 1899 unterrichte sie in einem Arbeiterviertel, in Klassen mit bis zu 60 bisweilen lauten, ungewaschenen, desinteressierten Kindern - eine traumatische Erfahrung. "Ich wünschte, ich würde morgen zum Zahnarzt müssen. Bei dem Gedanken, wieder vor Schülern zu stehen, könnte ich in Tränen ausbrechen", notierte sie im Tagebuch.

Eglantyne nahm ab, wurde krank, bezeichnete ihre Schützlinge als "kleine Schurken". Und hängte ihren Beruf an den Nagel, um Armut künftig wissenschaftlich zu erforschen und sich karitativ zu engagieren. Von Familie, von eigenen Kindern wollte sie nichts wissen: Jebb fühlte sich zu Frauen hingezogen und war leidenschaftlich verliebt in die Schwester des weltberühmten Ökonomen John Maynard Keynes.

 Als Margret Keynes heiratete, ging für Jebb die Welt unter. Tief verletzt reiste sie 1913 für die Hilfsorganisation ihres Schwagers auf den Balkan, eine Region mitten im Krieg. Angesichts des hautnah erlebten Leids wurde Jebb zur militanten Kriegsgegnerin - und zur unerschrockenen Kämpferin für die schutzlosesten Opfer, die Kinder.

"Jeder Krieg", schrieb sie, "ob gerecht oder ungerecht, ob verhängnisvoll oder siegreich, ist ein Krieg gegen Kinder". Im Ersten Weltkrieg übersetzte Jebb mit ihrer Schwester Dorothy Artikel aus der internationalen Presse ins Englische, um auf die soziale Not der Zivilbevölkerung aufmerksam zu machen. Und ab 1919 sammelten Eglantyne und Dorothy für hungernde Kinder in Deutschland und Österreich.

Zudem traten die Schwestern vehement für das Ende der alliierten Lebensmittelblockade ein. Denn die wurde auch nach Kriegsende aufrechterhalten und führte zu einer "alarmierenden Hungersituation, die aus humanitären wie aus politischen Gründen schnelle Abhilfe verlangte".

Dennoch sahen viele Briten in Jebbs Einsatz einen Affront angesichts des Leids im eigenen Land. Etwa eine Million Opfer forderte das Morden im Ersten Weltkrieg in Großbritannien. Und nun hatten zwei Engländerinnen die Chuzpe, sich ausgerechnet für die Kinder der Feinde einzusetzen? "Verräter-Schwestern" wurden Eglantyne und Dorothy gescholten.

Als sie am 19. Mai 1919 zu einem "Anti-Hungersnot-Rat" in die Londoner Royal Albert Hall einluden, hatten ihre Gegner sich mit verfaulten Äpfeln bewaffnet. Doch die Nationalisten packten verschämt das Obst weg, als Jebb zu sprechen anhob, erst leise, dann immer selbstbewusster:

"Es ist für uns als Menschen ausgeschlossen, dass wir zusehen, wie Kinder sich zu Tode hungern, ohne uns zu bemühen, ihnen zu helfen. Wir haben nur ein Ziel: so viele wie möglich von ihnen zu retten. Und nur einen Grundsatz: Wir werden ihnen helfen, aus welchem Land sie auch stammen und ganz gleich, welcher Religion sie angehören."

Jebb trommelte für ihre Sache in zahlreichen Zeitungsartikeln und überzeugte nicht nur anfängliche Kritiker, sondern auch Prominente wie Sigmund Freud, Albert Einstein und George Bernard Shaw. Der irische Schriftsteller schrieb angesichts des Elends im Nachkriegseuropa: "Ich habe keine Feinde, die jünger als sieben Jahre alt sind." Sogar den Papst holte die anglikanische Jebb mit ins Boot. Er rief in einer Enzyklika dazu auf, am 28. Dezember 1919, dem "Tag der Unschuldigen Kinder", für "Save the Children" zu spenden.

Binnen einem Jahr sammelte Jebb rund 400.000 Pfund (umgerechnet heute mehr als 13 Millionen Pfund). Mit dem Geld schickte "Save the Children" Kühe nach Wien, unterstützte mit der schwedischen Schwesterorganisation "Rädda Barnen" sogenannte Quäkerspeisungen in Berlin, Nürnberg, Leipzig und richtete "Kakaostuben" für die Kleinsten ein.

Jebb reichte das nicht. Sie träumte von einer internationalen Organisation - und einer besseren Zukunft: "Wenn wir weltweit operieren", schrieb sie, "werden wir in der Lage sein, eine Zivilisation zu begründen, die unermesslich fröhlicher und sicherer ist als die aktuelle."

Der zum Pathos neigenden Jebb ging es um nichts Geringeres als die "Rettung der Seele der Welt". Mit diesem Ziel eilte sie rastlos von Land zu Land, ohne auf sich selbst zu achten, auf ihre Schilddrüsenprobleme, das schwache Herz, die wiederkehrenden Depressionen. "Mein Leben kann nicht wichtiger sein als das der Kinder. Wenn ich ein paar von ihnen retten kann und dabei meine eigene Gesundheit ruiniere, ist das ein guter Preis", schrieb Jebb im August 1920 ihrer großen Liebe Margaret.

1922 formulierte die zunehmend hohlwangige, wegen ihrer schlohweißen Haare und ihrer unerschütterlichen Energie "weiße Flamme" genannte Frau eine fünf Punkte umfassende Charta für Kinder. Auf dieser Basis beschloss der Völkerbund 1924 seine "Genfer Erklärung". Darin hieß es unter anderem:

"Das hungernde Kind soll genährt werden; das kranke Kind soll gepflegt werden; das zurückgebliebene Kind soll ermuntert werden; das verirrte Kind soll auf den guten Weg geführt werden; das verwaiste und verlassene Kind soll aufgenommen und unterstützt werden."

Es sollte über 60 Jahre dauern, bis Jebbs Forderungen nach Kinderrechten in einen Text mündeten, der globale Standards zum Schutz von Minderjährigen festlegt: die Uno-Kinderrechtskonvention vom November 1989  - ratifiziert von allen Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen außer den USA.

Diesen Triumph sollte Jebb jedoch nicht mehr erleben: Die Pionierin der Kinderrechte starb mit erst 52 Jahren an den Folgen einer Magenoperation.
 

 

 

 

 

https://www.spiegel.de/geschichte/save-the-children-wie-eglantyne-jebb-fuer-kinder-kaempfte-a-1301736.html

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